Wieso die Quinoa-Schule ein gutes Beispiel ist, was Herne in der Bildung braucht

Gestern hat der Herner Rat mehrheitlich beschlossen, den Weg für eine Privatschule in Baukau-West, am Drögenkamp, freizumachen. Das wird der Herner Schullandschaft bestimmt vorerst nicht schaden, es wird insgesamt mehr Schulraum geschaffen – wenn man bedenkt, dass die Mont-Cenis-Gesamtschule direkt im nächsten Tagesordnungspunkt verkleinert wurde, haben die Herner weiterführenden Schulen Platz für 25-30 Schüler*innen mehr. Oder?

Ganz so ist es leider nicht. Herne als Haushaltssicherungskommune hat kein Geld. Die Ansiedlung einer Privatschule in Herne ist deshalb finanziell sinnvoll, weil sie der Stadt eine Miete für das bereitgestellte Gebäude zahlt. Nur so kann die Stadt zusätzliche Gelder aufnehmen, um die Schule zu sanieren und einen neuen Trakt zu bauen. „Rentierliche Investition“ nannte das der Herner Kämmerer Dr. Klee. Nur deswegen kann die Stadt knapp unter 14 Millionen Euro aufnehmen. So weit, so gut.

Wir geben das Heft des Handelns zwangsweise aus der Hand

Eine Privatschule ist aber auch deshalb eine Privatschule, weil sie viele Entscheidungen selbst treffen kann. Für mich eine der wichtigsten: wir als Stadt Herne können die Anmeldezahlen zwischen den Schulen verschieben – aber nicht zur Quinoa-Schule. Sie entscheidet komplett selbst, wer dort aufgenommen wird. Es kann im Extremfall sogar passieren, dass nur Lernende aus Gelsenkirchen, Bochum und Recklinghausen am Drögenkamp unterrichtet werden. Das ist natürlich unwahrscheinlich, aber wir geben das Heft des Handelns aus der Hand.

Zusätzlich und zeitgleich gibt es viel zu viele Fragezeichen: die Schule hat keine Turnhalle, wo soll der Sportunterricht stattfinden? Der Schulhof ist vergleichsweise winzig, kauft die Stadt ein Grundstück nebenan? Werden die Bauarbeiten rechtzeitig fertig? Kann und will die Quinoa-Schule die notwendige hohe Miete bezahlen? Bleibt die Quinoa-Schule auch so lange in Herne, bis der Kredit über die Baukosten abgetragen ist? Sind die Finanziers hinter der Quinoa-Schule genauso langatmig?

Und hier haben wir das große Problem: weil die Stadt kein Geld hat, hat sie sich entschieden, viele dieser Fragen unbeantwortet zu lassen. Andere Kommunen hätten mit Sicherheit niemanden eine Schule gründen lassen, der sich nicht in den Gremien vorgestellt hat. Genau, die Quinoa gGmbH hat sich nicht selbst vorgestellt, die Herner Stadtverwaltung hat sie nicht vorgestellt, das mussten wir als Fraktion komplett selbst machen. Wenn eine der Antworten auf die Fragen (und das waren nur ein paar der Fragen) negativ ist, muss die Stadt aus eigenen Mitteln einspringen – und das gefährdet die Ausgaben für alle anderen Schulen in Herne.

Mein Fazit

Die Stadt Herne ist also von allein gar nicht mehr wirklich handlungsfähig, was ihre Schul- und Bildungslandschaft angeht. Wir erleben hier den Ausverkauf unseres Bildungssystems an private (wenn auch wohlmeinende) Unternehmen. Ich finde, dass wir diese Zwangslage nicht länger hinnehmen müssen! Die Kosten für Bildung muss immer der Staat zahlen, wir dürfen unsere Städte nicht so extrem in Bedrängnis bringen. Denn das ist klar: der Herner Stadtrat hat nicht nur über die Zukunft der Quinoa-Schule in Herne entschieden, sondern die Bildungschancen aller Herner Schülerinnen und Schüler als Einsatz abgegeben.

Meine persönliche Meinung: mit mehr Informationen hätte ich zustimmen können. So war mir die Sache zu heiß, und ich will in Zukunft nicht verantwortlich gemacht werden, wenn im nächsten Jahrzehnt nicht mal mehr eine Toilette an einer Herner Schule repariert werden kann, bloß weil das Quinoa-Experiment schiefgelaufen ist. Gleichzeitig bin ich davon überzeugt, dass die Schule wirklich gute Arbeit leisten kann. Deshalb habe ich mich zu diesem Thema enthalten und weiß, dass die Lösungen nicht nur in der Stadt Herne, sondern ganz besonders im Landtag in Düsseldorf entschieden werden.