Welche Ehrlichkeit hinter der grünen Zustimmung zur Ampel steckt und was ich dazu denke

Ich bin schwer erleichtert. Die GRÜNEN haben heute bekannt gegeben, dass sie dem Koalitionsvertrag zwischen SPD, FDP und GRÜNEN zustimmen werden und somit als letzte Partei den Weg freigemacht für die Regierungsbildung. Das Ergebnis von 86% und die Teilnahmequote von 57% wurde allerdings teilweise kritisiert. Wie kommt es dazu? Dahinter steckt ein wichtiger Teil grüner DNA.

Einerseits: die Bereitschaft der GRÜNEN zu Kompromissen wurde u.a. von Jan Böhmermann aufs Korn genommen. Genau die sind aber nun mal Kern der Demokratie. Kompromisse sind Mutter Natur allerdings vollkommen fremd, sie folgt wissenschaftlichen und unabänderbaren Naturgesetzen. Dass eine Regierung mit grüner Beteiligung lediglich den 1,5-Grad-Pfad einschlägt und nicht bereits jetzt wirksame Maßnahmen zur wissenschaftlich abgesicherten Erfüllung des 1,5-Grad-Ziels (welches in sich ja bereits einen Kompromiss darstellt), frustriert viele GRÜNE und auch mich zurecht. Das erklärt die 14% Nein-Stimmen.

Andererseits sind die vielen gesellschaftlichen Fortschritte (u.a. Kindergrundsicherung, Digitalpakt 2.0 und die Fortschritte für die queere Community oder im Bereich körperliche Selbstbestimmung) nach 16 Jahren CDU-bedingten Stillstands wirklich ein wichtiger Lichtblick. Es kann einfach nicht sein, dass die „Ehe für alle“ das einzige war, was erreicht wurde.

Für meine Entscheidung war das Personaltableau im Übrigen zweitrangig. Ich freue mich über einige Gesichter in der Minister*innenriege, ärgere mich über andere. Das wichtige für mich ist aber, was im Koalitionsvertrag festgehalten. Minister*innen werden gerne mal ausgetauscht, insbesondere erhoffe ich mir von GRÜNEN Top-Politiker*innen, dass sie bei Fehltritten die entsprechenden Konsequenzen ziehen – damit blicke ich insbesondere auf den Track-Record der Skandalminister Spahn und Scheuer.

Die Teilnahmequote und die Zustimmungsquote bei der Mitgliederbefragung hängen von dem Modus ab, für den sich die GRÜNEN entschieden haben. FDP und SPD haben außerordentliche Parteitage angesetzt, die GRÜNEN eine basisdemokratische Mitgliederbefragung aller Parteimitglieder von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN in Deutschland. Das bedeutet, dass 608 (SPD) bzw. 580 (FDP) Menschen stimmberechtigt waren, insgesamt also 1088 Menschen. Diese Menschen wurden vorher als Delegierte gewählt und wirken sozusagen als „Filter“ für die wahren Stimmungen an der Basis. Wenn sich diese überschaubare Anzahl zu einer Veranstaltung trifft, ist von einer Teilnahmequote deutlich über den 90% natürlich auszugehen. Zum Vergleich: die GRÜNEN haben für die Mitgliederbefragung knapp unter 122.000 Stimmberechtigte gehabt. Um die 71.000 Menschen haben ihre Stimme abgegeben, das sind 65 mal mehr als bei SPD und FDP zusammen. Es gab keinen „Filter“ für die Stimmungen der Parteibasis, das Ergebnis ist dementsprechend also „ehrlicher“. Die Abstimmung zeigt also, dass Basisdemokratie den GRÜNEN wichtiger ist, als der SPD und FDP. Mir zeigt es, dass ich in der richtigen Partei bin.

Wie habe ich persönlich abgestimmt? Das werde ich häufiger gefragt. Die Punkte zum Thema Bildung finde ich mit deutlicher grüner Handschrift geschrieben, dass sie von einer FDP-Ministerin umgesetzt werden sollen finde ich mit Blick auf die katastrophale Bilanz von Yvonne Gebauer besorgniserregend. Der für mich entscheidendste Punkt ist allerdings der der Klärung der Kommunalfinanzen. Wenn die Stadt Herne endlich wieder eigene finanzielle Bewegungsspielräume bekommt, können wir für alle meiner Politikbereiche, insbesondere im Schul- und Bildungsbereich, unglaublich große Fortschritte erzielen. Damit das gelingt, muss der Bund allerdings auch mit jemandem im Land zusammenarbeiten können, der das auch will: das sind insbesondere die GRÜNEN! Für mich ist der Koalitionsvertrag der Ampel also eine wichtige Arbeitsgrundlage im Bund. Deswegen habe ich mich entschieden, für den Koalitionsvertrag zu stimmen.

Der Bund hat also die Türen weit aufgerissen für eine progressive Regierung in NRW. Nie war die Chance so hoch, den Befreiungsschlag für die Kommunen hinzubekommen. Das wäre eine Sensation für Herne und alle hier lebenden Kinder. Für mich steht fest: die progressive Regierung in NRW gibt es nur mit möglichst starken Grünen.